Brandenburger «Bombodrom» ist Geschichte

Berlin (ddp).

Der fast 20-jährige Streit um die militärische Nutzung des nordbrandenburgischen Truppenübungsplatzes Kyritz-Ruppiner Heide ist beendet. Das 120 Quadratkilometer große Areal an der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern werde komplett aufgegeben, teilte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) am Mittwoch in Berlin mit. Die Ministerpräsidenten der beiden Bundesländer, Matthias Platzeck und Erwin Sellering (beide SPD) lobten die Entscheidung.

In den vergangenen Jahren war der als «Bombodrom» bekannt gewordene Standort bei Wittstock Zentrum der Ostermärsche in Deutschland geworden.

Sellering kündigte an, am 1. Mai an einer Kundgebung der mecklenburgischen Bürgerinitiative «Freier Himmel» in Mirow teilzunehmen. Auf dieser Veranstaltung soll der endgültige Bundeswehr-Verzicht auf die militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide gefeiert werden.

Seit Anfang der 1990er Jahre hatte die Bürgerinitiative «Freie Heide» in Brandenburg den nach ihren Angaben «größten Schießplatz seiner Art in Europa» protestiert und später auch Unterstützung aus Mecklenburg-Vorpommern erhalten. Erst im vergangenen Jahr hatte der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) die jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen um den Luft-Boden-Schießplatz beendet.

In den vergangenen Monaten war eine alternative Nutzung durch die Bundeswehr geprüft worden.

Guttenberg teilte mit, dass im Ergebnis «die vorhandenen Kapazitäten der Truppenübungsplätze in Deutschland für den landgebundenen Übungs- und Schießausbildungsbedarf der Streitkräfte auch ohne den Truppenübungsplatz Wittstock als ausreichend zu bewerten» sind. Damit bleibt der Bundeswehr im Inland die kleineren Luft-Boden-Schießplätze in Nordhorn (Niedersachsen) und Siegenburg (Bayern).

Derzeit beschäftigt die Bundeswehr auf dem Truppenübungsplatz Wittstock noch 80 Mitarbeiter. Mit der Abgabe des Truppenübungsplatzes wird die vollständige Schließung des Standortes Wittstock vorbereitet.

Ferner ist den Angaben zufolge vorgesehen, die bestehende Luftraumbeschränkung für Wittstock aufzuheben und somit den Luftraum wieder für den allgemeinen Flugverkehr freizugeben.

Brandenburgs Regierungschef Platzeck sagte, die Bürgerinitiativen, die Kommunalpolitiker, der Landtag und die Landesregierung hätten sich mit ihren gemeinsamen Protesten durchgesetzt. «Ein Langstreckenlauf über 20 Jahre ist vorerst zu Ende», sagte er. Allerdings sei «nach dem Marathon vor dem Marathon». Jetzt komme es darauf an, kluge Konzepte für die friedliche Nachnutzung zu entwicklen. Hier könne der Bund als Eigentümer des Geländes nicht aus der Verantwortung für die Munitionsräumung entlassen werden.

Sellering begrüßte den Verzicht als «sehr gute Nachricht«.

Dass die Bundeswehr gänzlich von einer militärischen Nutzung Abstand nehme, erleichtere die Weiterentwicklung der Region, die von einem sanften und naturnahen Tourismus lebe. Die Unternehmervereinigung «Pro Heide» rechnet bereits mit zahlreichen Investitionen in der Region. Tourismusunternehmen wie Reiterhöfe oder Hotels könnten jetzt endlich Kredite für ihre lange geplante Vorhaben beantragen, sagte der Vize-Vorsitzende Bernd Purand der Nachrichtenagentur ddp.

Nach dem Ende der DDR hatte sich anfangs eine touristische Nutzung des Gebietes im Nordwesten Brandenburgs angedeutet. Nachdem 1991 die Bundeswehr zunächst ihr fehlendes Interesse an russischen Liegenschaften geäußert hatte, kam aber 1992 die Trendwende. Nun wollten die Militärs das Gelände weiter für Bomben- und Artillerieübungen nutzen. 1992 gründete sich in Brandenburg die Bürgerinitiative «Freie Heide», Anfang 2001 kam in Mecklenburg-Vorpommern die Initiative «Freier Himmel » dazu.

(ddp)

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 21.04.2010

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