Zeitung: Wikileaks-Protokolle belegen direkte Kontakte zwischen Türkei und PKK

Nach Angaben der US-Botschaft in Bagdad, die den irakischen Staatspräsidenten Dschalal Talabani als Quelle zitiert, hat es entgegen den bisherigen offiziellen Angaben aus Ankara direkte Gespräche zwischen dem damaligen türkischen Geheimdienstchef Emre Taner und der PKK-Führung gegeben, um Möglichkeiten einer Lösung des Kurdenkonflikts zu besprechen.

Ankara/ Bagdad (dts Nachrichtenagentur) - Taner besuchte demnach die PKK-Führung auf persönlichen Befehl des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Das berichtet die erscheinende Tageszeitung "Die Welt" in ihrer Freitagausgabe unter Berufung auf noch nicht veröffentlichte Wikileaks-Depeschen, die der Redaktion zugänglich gemacht wurden. Hintergrund war ein zuvor erfolgter Staatsbesuch Talabanis Anfang März 2008 in Ankara, von dem er nach seiner Rückkehr dem damaligen amerikanischen Botschafter in Bagdad, Ryan Crocker, detailliert berichtete.

Dieser leitete den Inhalt des Gesprächs nach Washington weiter. Demzufolge kam es bei dem Besuch neben den offiziellen Gesprächen auch zu einem vertraulichen Austausch zwischen Talabani, Staatspräsident Abdullah Gül und Ministerpräsident Erdogan. Talabani habe geklagt, das "Timing, TNIO-Chef Taner zu schicken, um mit der PKK zu sprechen, unmittelbar vor der Offensive vom 16. März", habe die autonome Kurdenregierung im Irak vor große Probleme gestellt.

Die Bemerkung bezog sich offenbar auf den damaligen Chef des türkischen Geheimdienstes MIT, Emre Taner. Mit diesem traf sich Talabani in Ankara danach zu einem "privaten" Gespräch, berichtet "Die Welt". Dort habe Taner gebeten, die PKK-Führung erneut zu treffen.

In der Depesche heißt es, dass es zu einem weiteren Gespräch Taners mit der PKK kommen könne: "Taner will sich mit der PKK-Führung in den Bergen treffen". Talabani habe erwidert, er sei sich nicht sicher, ob die "Feldkommandeure" der PKK dem zustimmen würden. Taner habe daraufhin vorgeschlagen, er könne sich auch, als Alternative, mit der europäischen Führung der PKK treffen.

In den türkischen Medien sei öfter über indirekte Kanäle Taners zur PKK berichtet worden, aber nicht über direkte Gespräche, schreibt die Zeitung. Im vergangenen Sommer habe jedoch die nationalistische Oppositionspartei MHP den inhaftierten PKK-Chef Abdullah Öcalan mit den Worten zitiert, man habe viermal mit der Regierung verhandelt, und nie seien die Versprechen gehalten worden. Erdogan reagierte mit einem heftigen Dementi: "Diejenigen, die so unehrenhaft sind, sagen zu können, dass wir vier mal mit denen zusammensaßen, ... werden überall dafür zahlen müssen. Wir als die AKP-Regierung, ... haben ... niemals mit der Terrororganisation an einem Tisch gesessen", zitierte die Zeitung den türkischen Premier.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 28.01.2011

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